Bewegungs�bungen: Grundpflege? - Behandlungspflege? - Heilmittel?


Mobilisation

Die Zuordnung der Bewegungs�bungen ist noch nicht vollst�ndig durch h�chste Rechtsprechung gekl�rt. Die weiter unten skizzierten Gerichtsurteile des BSG erm�glichen folgende Interpretation:

Bewegungs�bungen als aktivierende Grundpflege: wenn sie im Zusammenhang mit den Verrichtungen des t�glichen Lebens nach dem SGB XI erbracht werden und Folgen einer Funktionseinschr�nkung wie Bettl�gerigkeit vermeiden oder lindern.

Bewegungs�bungen als Ma�nahmen der gesunden t�glichen Lebensf�hrung: wenn sie zur Gesunderhaltung dienen (z.B. Spazierg�nge). Dabei ist das grunds�tzliche Vorliegen krankheits- oder altersbedingter Funktionseinschr�nkungen unerheblich. Die Durchf�hrung begleiteter Spazierg�nge f�llt demnach in die Eigenverantwortung des Betroffenen. Unklar bleibt, inwieweit hier ein Anspruch auf Teilhabe am sozialen Leben nach dem SGB IX greift.

Bewegungs�bungen als Behandlungspflege: wenn sie gezielt zur Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen geh�ren. Bewegungs�bungen zur Vorbeugung von Kontrakturen und Dekubitalgeschw�ren sind keine Behandlungspflege.

Bewegungs�bungen als Heilmittel: wenn sie gezielt zur Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen geh�ren. Es gelten die Richtlinien des G-BA f�r die Verordnungsf�higkeit.

Abgrenzung zwischen Behandlungspflege und Heilmittel: erscheint bislang unklar. Dem 3. Senat folgend, k�nnen Bewegungs�bungen als Behandlungspflege vom Arzt im Rahmen des � 37 Abs. 2 SGB V verordnet und von Pflegefachkr�ften erbracht werden. Der 3. Senat sieht hier insbesondere das Wirtschaftlichkeitsgebot gegeben und h�lt die Qualifikation der Pflegefachkr�fte grunds�tzlich f�r gegeben. Der 8. Senat sieht grunds�tzlich die Leistungspflicht der Krankenversicherung und die Verordnungsf�higkeit nur als Heilmittel gegeben. Seiner Auffassung nach verf�gt die Pflegefachkraft nicht �ber die erforderliche eigene medizinische Entscheidungskompetenz. Desweiteren bef�rchtet der 8. Senat, dass durch die Verordnung der Bewegungs�bungen als Behandlungspflege die Kontrolle des Wirtschaftlichkeitsgebots unterlaufen werden k�nnte.


Das BUNDESSOZIALGERICHT (3. Senat) hat in seinem Urteil vom 17.3.2005, B 3 KR 35/04 R eine wichtige Aussage zur Abgrenzung der Bewegungs�bungen getroffen.

Eine weitere Ausf�hrung erfolgte vom 8. Senat des BUNDESSOZIALGERICHTS in seinem Urteil vom 13.6.2006, B 8 KN 4/04 KR R.

Beide Entscheidungen werden in Folge kurz skizziert.

Der Fall 1

Bei einer 78j�hrigen bettl�gerigen Frau mit Pflegestufe III wurde Krankengymnastik und 1 x t�glich Bewegungs�bungen nach � 37 Abs. 2 SGB V als h�usliche Krankenpflege verordnet. Die Krankenkasse lehnte die Bewilligung der Bewegungs�bungen mit der Begr�ndung, diese seien der aktivierenden Grundpflege zuzuordnen, ab. Als weitere Begr�ndung f�hrte die Krankenkasse an, dass Bewegungs�bungen nicht in den Richtlinien zur h�uslichen Krankenpflege des G-BA aufgef�hrt seien. Die Krankenkasse f�hrte ferner an, dass der Pflegedienst 3 x t�glich "Lagern, Mobilisieren und Betten" im Rahmen der Grundpflege leiste. Bewegungs�bungen, die gezielt einen therapeutischen Zweck bei einer akuten Krankheit verfolgten, seien nur als Heilmittel in Form von krankengymnastischen Leistungen verordnungsf�hig.

Die Entscheidung 1

Bewegungs�bungen als Ma�nahme der Behandlungspflege
Die streitigen Bewegungs�bungen sind als Ma�nahme der Behandlungspflege und nicht als solche der Grundpflege einzuordnen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Behandlungspflege dahingehend umschrieben, dass es sich um Hilfeleistungen handelt, die durch bestimmte Erkrankungen erforderlich werden (krankheitsspezifische Pflegema�nahmen) und typischerweise nicht von einem Arzt, sondern von Vertretern medizinischer Hilfsberufe oder auch von Laien erbracht werden (BSG SozR 3-2500 � 53 Nr 10; BSGE 82, 27, 33 = SozR 3-3300 � 14 Nr 2). Der Zielrichtung nach m�ssen die Ma�nahmen der Behandlung einer Erkrankung dienen; dazu reicht es aber bereits aus, wenn eine Verschlimmerung verh�tet wird oder Beschwerden gelindert werden (� 27 Abs 1 SGB V).

Ma�nahmen, die dem Eintritt einer Erkrankung vorbeugen sollen, geh�ren grunds�tzlich nicht zur Leistungspflicht der Krankenversicherung (Ausnahme: pr�ventive Ma�nahmen nach �� 25, 26 SGB V). Im Rahmen einer aktivierenden Grundpflege (im Zuge des SGB XI) werden Ma�nahmen erbracht, die darauf abzielen, die Folgen einer Funktionseinschr�nkung (hier Bettl�gerigkeit) und insbesondere die daraus resultierenden Risiken wie Dekubitus, Pneumonie etc. zu vermeiden. Dies geschieht z.B. durch regelm��ige aktive Bewegung der Pflegebed�rftigen, und wenn dies nicht m�glich ist, durch passives Bewegen beim Umlagern oder bei den k�rperlichen Pflegema�nahmen, etwa beim Verlassen des Bettes oder bei der K�rperreinigung. Derartige passive Mobilisation ist integrierender Bestandteil der Hilfen bei den gew�hnlich und regelm��ig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des t�glichen Lebens iS des � 14 SGB XI, die von den Pflegekassen gem�� � 36 Abs 2 SGB XI als Sachleistung erbracht werden m�ssen und demzufolge nicht in die Leistungspflicht der Krankenkassen fallen.

Bewegungs�bungen k�nnen von Pflegekr�ften durchgef�hrt werden
Zur wirksamen Bek�mpfung der Folgen bestimmter Erkrankungen f�r den Bewegungsapparat des Menschen, so dass Bundessozialgericht, k�nnen in erster Linie Physiotherapeuten als qualifiziert angesehen werden. Dennoch kann es auch unter wirtschaftlichen Aspekten im Einzelfall sinnvoll sein, Bewegungs�bungen erg�nzend oder ersetzend durch Pflegedienste erbringen zu lassen, sofern es keine Anhaltspunkte daf�r gibt, dass die nach Pflegestandard erfolgenden Bewegungs�bungen nicht fachgerecht durch ausgebildete Alten- oder Krankenpfleger ausgef�hrt werden k�nnen.

Der Fall 2

Ein 79j�hriger Patient mit spastischer Halbseitenl�hmung, Pflegestufe III erh�lt neben einer Krankengymnastischen Verordnung, eine Verordnung �ber h�usliche Krankenpflege nach � 37 Abs. 2 SGB V mit "Bewegungs�bungen 4 x t�glich, 7 x w�chentlich". Bei den Bewegungs�bungen handelt es sich um Geh�bungen in der Wohnung, die vom Pflegedienst und der Angeh�rigen gemeinsam durchgef�hrt werden. Die Bewegungs�bungen werden als medizinisch notwendig zur Behandlung der Erkrankung von Seiten des verordnenden Arztes begr�ndet.

Die Entscheidung 2

Bewegungs�bungen, die der eigenen Gesunderhaltung im Sinne einer gesunden Lebensf�hrung dienen, liegen in der Eigenverantwortung des Betroffenen.
Im konkreten Fall wurde zun�chst einmal die fehlende, nachweisliche Darstellung des Zusammenhangs zwischen der Behandlung der Krankheit und der durchgef�hrten Bewegungs�bungen beanstandet. Insbesondere die Abgrenzung zur gesunden Lebensf�hrung und damit zur Eigenverantwortung des Betroffenen sei nicht hinreichend verdeutlicht.

Merkmale der Behandlungspflege aus Sicht des BSG:
"Da f�r die Durchf�hrung der Behandlungspflege regelm��ig keine besondere berufliche Qualifikation erforderlich ist, die Behandlungspflege vielmehr gerade dadurch gepr�gt wird, dass sie von medizinischem Hilfspersonal bzw von Laien erbracht werden darf, ist die Gew�hrung von Behandlungsleistungen unter dem Etikett der Behandlungspflege mit der Gefahr der mangelnden Qualit�t verbunden (RdNr. 22)" Ma�nahmen der Behandlungspflege sind zwar mit der medizinischen Behandlung verbunden, setzen aber keine eigene medizinische Entscheidungskompetenz voraus. "Das kommt bereits im Begriff der "Behandlungspflege" zum Ausdruck, der durch die Kombination von "Pflege" und "Behandlung" klarstellt, dass es sich weder um reine (K�rper-)Pflege noch im engeren Sinne um die vom Arzt in vollem Umfang zu verantwortende Krankenbehandlung iS von � 27 Abs 1 SGB V handelt (RdNr. 23)."

Bewegungs�bungen als Krankenbehandlung d�rfen nur von Physiotherapeuten durchgef�hrt werden
"Soll der Gesundheitszustand �ber den Rahmen der gesundheitsbewussten Lebensf�hrung - beispielsweise durch gesundheitsf�rderndes regelm��iges Spazierengehen - hinaus gezielt gebessert werden, sind auch bei einfachen Bewegungs�bungen Kenntnisse der zu behandelnden Krankheit und der darauf bezogenen physiotherapeutischen M�glichkeiten unabdingbar, um Fehler wie zB die k�rperliche �berforderung des Patienten oder unphysiologische und somit eher sch�dliche Bewegungen zu vermeiden. Die diesen �berlegungen zu Grunde liegende Einsch�tzung, dass ausgebildete Alten- oder Krankenpfleger f�r behandlungsbezogene Bewegungs�bungen genauso qualifiziert seien wie anerkannte Physiotherapeuten, ber�cksichtigt nicht die M�glichkeit unerwarteter Behandlungssituationen und widerspricht der in � 124 Abs 1 SGB V enthaltenen gesetzlichen Wertung, die mit vordergr�ndigen �berlegungen zu den (zun�chst) geringeren Kosten der tats�chlich durchgef�hrten �bungen nicht ausgehebelt werden darf.(RdNr. 24)."